Wer heutzutage in den großen Städten Deutschlands auf Wohnungssuche geht, wird schnell feststellen, dass bezahlbarer Wohnraum schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr ist – in Hotspots wie Frankfurt oder München wird selbst das Umland immer unerschwinglicher und auch die Hauptstadt Deutschlands, Berlin, scheint sich diesem Trend anzuschließen.
Dabei ist der Wohnraummangel kein modernes Phänomen – schon im Mittelalter versuchte jeder, der es sich leisten konnte, einen der begehrten Plätze innerhalb der sicheren Stadtmauern zu ergattern, wo keine Gefahr durch Feinde und wilde Tiere bestand. Wenn auch heute kaum jemand deshalb Wohnraum in den aus allen Nähten platzenden Großstädten sucht, so waren schon damals die Aussicht auf Arbeit und der Zugang zur Infrastruktur entscheidende Gründe dafür, dem Land den Rücken zuzukehren. Mit höherem Verdienst sowie Kultur, Unterhaltung und Kulinarik – ganz zu schweigen von medizinischer Versorgung – steigt auch die Lebensqualität, solange bis ein Mangel entsteht und es immer schwieriger wird, sich die Vorzüge des Stadtlebens zu leisten.
Wann spricht man von Wohnraummangel?
Die Definition für Wohnraummangel lässt sich leicht aus der Knappheit an anderen Gütern des Alltags ableiten – ist das Angebot an Wohnraum deutlich niedriger als die Nachfrage, steigen die Miet- und Kaufpreise für Immobilien. Besteht umgekehrt eine geringere Nachfrage im Vergleich zum Angebot, sprechen wir von einem Leerstand und Immobilien bleiben unbewohnt.
Wo besteht Wohnraummangel in Deutschland?
Ob Wohnraummangel besteht und wo sich dieser konzentriert, kann innerhalb eines Staatsgebiets stark variieren – in Deutschland steigen besonders in den Großstädten und Gemeinden mit attraktiven Beschäftigungsmöglichkeiten kontinuierlich die Preise für Immobilien – teilweise in realitätsfremde Dimensionen.
Schauen wir uns die Statistik zur Bruttokaltmiete nach Bundesland an, ist Hamburg am stärksten vom Wohnraummangel betroffen, dicht gefolgt von Bayern und Berlin. Ob sich durch die zunehmende Beschäftigung im Homeoffice etwas daran ändern wird, gilt es abzuwarten. Lösungen für das Problem des Wohnraummangels können nur individuell und an den Standort angepasst gefunden werden, denn die Gründe für den Wohnraummangel etwa in München oder Stuttgart lassen sich nicht hundertprozentig mit denen Hannovers oder Kölns vergleichen.

Wie ist die Situation in Berlin?
Auch die größte Stadt Deutschlands ist nicht groß genug, allen Einwohnern mit Wohnungsbedarf gerecht zu werden – ein Blick in die Statistik verrät, dass in den letzten Jahren die Bevölkerungszahl etwa doppelt so schnell angestiegen ist, wie der zur Verfügung stehende Wohnraum. Berlin gehört zu den am meisten vom Wohnraummangel betroffenen Städten Deutschlands – so weit, dass bereits Enteignungen in den Raum geworfen werden, um mehr sozialen Wohnraum zu schaffen.
Die Ursachen des Wohnraummangels in Berlin
Nicht nur der schleppende Fortschritt beim Wohnungsbau, sondern auch die steigende Quadratmeterzahl pro Person, sorgen für eine Verschärfung der Situation. Der benötigte Wohnraum pro Person steigt Jahr für Jahr und gilt als eine der Hauptursachen für den Wohnraummangel. Dabei gönnt sich so mancher gutsituierte Single ein luxuriöses Penthouse mit großzügiger Dachterrasse, während Familien weiterhin eng zusammenleben. Die Anzahl an Einzelhaushalten steigt stetig und hat die der Mehrfamilienhaushalte bereits vor einiger Zeit hinter sich gelassen.
Eine weitere Ursache für den Wohnraummangel in Berlin stellen die fehlenden Kapazitäten bei Bauunternehmen dar, die bereits an ihrer Belastungsgrenze arbeiten. Die Bau- und Grundstückspreise sind deutlich höher als noch vor ein paar Jahren, weswegen Zurückhaltung bei potenziellen Bauherren herrscht.
Die Folgen des Wohnraummangels in Berlin
Fast überall, wo Wohnraummangel besteht, lassen sich steigende Mieten und damit einhergehend höhere Belastungen auf die Bewohner, insbesondere Rentner und Familien, beobachten. Wenn ein beachtlicher Betrag des Einkommens für Mietzahlungen aufgebracht werden muss, bleibt weniger für privaten Konsum und Altersrücklagen. Mehr Haushalte sind deswegen auch auf lange Pendelstrecken angewiesen, haben folglich weniger Freizeit und eine zunehmende psychische Belastung zur Folge. Die Qualität des Wohnraums nimmt ebenfalls ab, da Vermieter unabhängig vom Zustand der Immobilie keine Sorge haben müssen, einen Mieter zu finden.
Daneben leidet in Berlin besonders das, was die Stadt schon seit langem ausmacht – der rege und international bekannte Kultur- und Kunstbetrieb der Stadt, der zuvor durch niedrige Mietpreise begünstigt wurde. Den Status als Hotspot für Kreative und Start-Ups droht die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland als Folge des Wohnraummangels an andere, attraktivere Standorte zu verlieren.
Was können Lösungen zur Beseitigung von Wohnraummangel sein?
Oftmals ist es einfacher nach den Gründen zu forschen, als Lösungen zu finden. Sicher ist aber, dass die Politik es lange verpasst hat, sich ausreichend um Wohnungsbau, insbesondere im sozialen Bereich zu kümmern.
Wohnungsneubau - aber wo?
Grundsätzlich ist die Antwort auf die Frage, wie Wohnraummangel beseitigt werden kann, einfach: Es muss mehr gebaut werden. Doch leichter gesagt als getan, um der Knappheit an Wohnraum entgegenzuwirken, sind heutzutage kreative Ideen und Maßnahmen gefragt. Geeignete und freie Flächen sind rar – deshalb sollten beispielsweise auch Supermarkt- oder Parkdächer in Betracht gezogen werden. Werden diese Baupotenziale effektiv genutzt, würden Städte zwar weiter in die Höhe wachsen, könnten aber Platz für eine beachtliche Anzahl an Wohnungen bieten.
Shared Spaces
Im Zuge der nachhaltigen Entwicklung urbaner Räume sollte außerdem vermehrt auf alternative Möglichkeiten des städtischen Zusammenlebens gesetzt werden – eine potenzielle Lösung für den Wohnraummangel wäre, nur die wichtigsten Wohnräume wie Schlafzimmer und Bäder an Einzelpersonen zu vermieten, während Küchen und Wohnzimmer gemeinschaftlich genutzt werden. Solche Shared Spaces sind insbesondere aus dem asiatischen Raum bekannt und könnten zur Entlastung des Wohnungsmarkts beitragen. Ob die Berliner Gutverdiener den Luxus von einzeln genutzten Räumlichkeiten für ein WG-ähnliches Leben aufgeben, sei aber dahin gestellt.

Intelligente Stadtplanung
In einem sind sich Experten jedoch einig, die Stadtplanung der Zukunft muss intelligent sein und öffentlicher Verkehr muss im Vergleich zu Autos eine prominentere Rolle einnehmen, wenn nicht sogar ganz ablösen. Denn Parkflächen nehmen weiterhin viel Platz ein, der ansonsten für Wohnraum genutzt werden könnte. Als Beispiel für intelligente Stadtplanung wird oft Singapur genannt, aber auch Wien kann sich mittlerweile in vielen Bereichen als Smart City bezeichnen lassen.
Enteignung von privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen
Eine sicherlich sehr drastische Maßnahme gegen den Wohnraummangel in Deutschland ist die Enteignung von privaten Wohneigentümern mit mehr als 3.000 Wohnungen gegen eine Entschädigung, welche von der Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen – Spekulation bekämpfen” getragen wird. Diskrepanzen bestehen aber bereits bei der ins Spiel gebrachten Entschädigung für die betroffenen Unternehmen, welche sich in jedem Fall auf einen zweistelligen Milliardenbetrag belaufen würden. Ob mit diesem Geld nicht auch neue Wohnungen gebaut werden könnten? Denn ein Erfolg der Enteignungs-Initiative würde sicherlich Investitionen in den Berliner Immobilienmarkt einbrechen lassen und die Lage womöglich weiter verschärfen. Da es aber bis dato noch kein vergleichbares Szenario gegeben hat, sind die Folgen nur schwer abschätzbar.
Fazit
Beim Streit um bezahlbaren Wohnraum scheiden sich die Geister und eine geeignete Lösung für alle scheint noch in weiter Ferne. Doch geben die vielen nachhaltigen Ideen und Vorbilder – auch aus anderen Ländern – Grund zur Hoffnung, dass sich die Lage in Berlin entspannt und Wohnraum wieder erschwinglicher wird – für jeden.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Mietbelastungsquote und wie hoch ist sie in Berlin?
Die Mietbelastungsquote fungiert als Kennzahl, um festzustellen, wie hoch der Anteil der Wohnungsmiete am Einkommen eines Privathaushaltes liegt. Die Tendenz in der Großstädten Deutschlands steigt kontinuierlich und liegt derzeit zwischen 40 und 50 %.
Wo kann man in Berlin gut wohnen?
Zu den beliebtesten Stadtteilen Berlins gehören Berlin-Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain, die jedoch allesamt mit rasant ansteigenden Miet- und Kaufpreisen zu kämpfen haben. Etwas günstiger hingegen lebt es sich (noch) in Neukölln oder aber etwas außerhalb des Stadtzentrums.