Ende Januar 2021 befasste sich der Deutsche Bundestag mit dem Baulandmobilisierungsgesetz. Der Regierungsentwurf sollte das Baugesetzbuch novellieren und sorgte für eine hitzige Debatte. Das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland trat am 23. Juni 2021 in Kraft und hat zunächst einmal bis zum 31. Dezember 2025 Gültigkeit.
Doch was geht mit dem Inkrafttreten des Baulandmobilisierungsgesetzes einher? Was hat es mit dem Umwandlungsverbot auf sich und gilt in Berlin ein Vorkaufsrecht?
Das Baulandmobilisierungsgesetz im Überblick
Das Land Berlin gilt bereits seit geraumer Zeit als ein Gebiet mit einem überaus angespannten Wohnungsmarkt. Es wird immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Gentrifizierung hat die Berliner Innenstadt verändert, auch wenn der Milieuschutz dieser Entwicklung ein wenig entgegenwirkt.
Das Umwandlungsverbot nach dem Baulandmobilisierungsgesetz soll dazu dienen, Mietraum in Berlin zu erhalten. Wer künftig vermieteten Wohnraum in Eigentumswohnungen umwandeln möchte, benötigt hierfür eine Genehmigung.
Im Folgenden fassen wir die Inhalte des Baulandmobilisierungsgesetzes für Sie zusammen:
Bedeutung des Baulandmobilisierungsgesetzes
Das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland sorgte schon vor seiner Verabschiedung für viel Diskussionsstoff. Bevor es in Kraft trat, gab es eine zweijährige Vorbereitungsphase. Im Baulandmobilisierungsgesetz wird definiert, dass Gemeinden dazu berechtigt sind, notwendige Schritte einzuleiten, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einem Gebiet gefährdet ist. Die Maßnahmen dienen dazu, den Wohnungsmarkt zu entspannen und der Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen.
Ziel und Zweck des Gesetzes
Das zentrale Ziel des Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland besteht darin, den angespannten Wohnungsmarkt in Berlin und anderen deutschen Städten zu entspannen. Die Gemeinden sollen einen größeren Handlungsspielraum haben, um auf Flächen zuzugreifen und auf diesen Wohnraum für die Einwohner der jeweiligen Stadt entstehen zu lassen.
Die Begründung des Baulandmobilisierungsgesetztes liegt in der Ausnahmesituation auf dem Mietwohnungsmarkt in Deutschland, nachdem der Milieuschutz und andere Maßnahmen für nicht ausreichend befunden wurden.
Hauptbestandteile und Regelungen
Das Baulandmobilisierungsgesetz gilt deutschlandweit. Seine wichtigsten Bestandteile lassen sich am Beispiel des Berliner Wohnungsmarkts allerdings sehr gut erklären. Zu den zentralen Regelungsbereichen des Gesetzes gehören Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt, sektorale Bebauungspläne und die Anordnung von Baugeboten.
Beispielsweise ist es nun möglich, in einem Bebauungsplan verschiedene Flächen allein dem sozialen Wohnungsbau zu widmen. Die Landesregierungen haben das Recht, bestimmte Gebiete nach unterschiedlichen Kriterien zum angespannten Wohnungsmarkt zu erklären, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte liegt über dem Durchschnitt.
- Die Mieten steigen deutlich schneller als im bundesweiten Durchschnitt.
- Die Einwohnerzahl wächst, ohne dass Neubautätigkeit vorhanden ist.
Anwendungsbereich und Geltungsdauer
Das Baulandmobilisierungsgesetz wurde am 7. Mai 2021 vom Bundestag verabschiedet und trat am 23. Juni 2021 in Kraft. In der aktuellen Fassung ist es bis zum 31. Dezember 2025 gültig.
Der Verabschiedung des Gesetzes ging eine langwierige Vorbereitung voraus. Bereits im Jahr 2018 gab es erste Gespräche mit dem Ziel, Kommunen dabei zu unterstützen, Bauland in ihren Regionen mobilisieren zu können. Das Baulandmobilisierungsgesetz hat den Anwendungsbereich der Gemeinden erweitert. Es gilt nun eine verlängerte Ausübungsfrist beim Vorkaufsrecht. Hinzu kommt eine Vorkaufsrechtsatzung für Grundstücke, die sich in einem angespannten Wohnungsmarkt befinden und brachliegen.
Die Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB
Die Innenstadt Berlins ist von Milieuschutzgebieten geprägt. Die Umwandlungsverordnung nach dem Baulandmobilisierungsgesetzes soll den Erhalt von Mietwohnungen weiterführend unterstützen.
Erläuterung der Umwandlungsverordnung
In § 201 a BauGB wird definiert, dass die Landesregierungen das Recht haben, bestimmte Gebiete per Rechtsverordnung zu “angespannten Wohnungsmärkten” zu erklären. Hierfür müssen einige Bedingungen erfüllt werden, die im Fall von Berlin aber in der Regel vorliegen.
In einem Gebiet mit angespannten Wohnungsmarkt dürfen gemäß § 250 BauGB Mietwohnungen nicht mehr in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, ohne eine Genehmigung der Gemeinde einzuholen. Eines der zentralen Anliegen einer solchen Verordnung ist der Schutz bestehender Mietwohnungen vor Spekulanten. Die Regelung beschränkt sich jedoch auf Bestandsgebäude. Neubauten können weiterhin nach Belieben vermietet oder an neue Eigentümer verkauft werden.
Geltungsbereich und Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt
Per Rechtsverordnung nach § 250 BauGB hat der Berliner Senat die gesamte Stadt zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Das bedeutet, dass bei bestehenden Wohngebäuden mit mehr als fünf Wohnungen fortan eine Genehmigung eingeholt werden muss, wenn darin Wohneigentum begründet oder geteilt werden soll. Damit ist es praktisch nicht mehr möglich, die Wohneinheiten zu teilen oder die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln.
Die Genehmigungspflicht soll bewirken, dass Mietwohnungen der Bevölkerung Berlins auch in Zukunft zur Verfügung stehen. In den vergangenen Jahren wurde beobachtet, dass immer mehr Mietwohnungen an Eigentümer verkauft wurden, die sie dann zu Luxusimmobilien umbauen ließen und anschließend für einen sehr viel höheren Preis wieder verkauften. Dadurch wurden Mieter aus ihrem Wohnraum verdrängt und das gesamte Stadtbild Berlins veränderte sich. Das Baulandmobilisierungsgesetz hat in Berlin somit nicht nur Auswirkungen auf die Gewinnung von neuem Bauland, sondern auch auf bestehende Mietwohnungen
Genehmigungspflicht und Ausnahmen
Unter normalen Umständen wird es nicht genehmigt, vermieteten Wohnraum in Eigentumswohnungen umzuwandeln oder als solche zu verkaufen. Es gibt jedoch Ausnahmen, die eine solche Genehmigung möglich machen.
Nach § 250 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB muss die Genehmigung erteilt werden, wenn mindestens zwei Drittel der zu verkaufenden Mietwohnungen an ihre derzeitigen Mieter verkauft werden. Dafür müssen bereits Kaufverträge mit den entsprechenden Mietparteien bestehen.
Eine weitere Ausnahme, in der die Genehmigung zur Umwandlung erteilt wird, ist die Teilung von Nachlass. Beispielsweise dann, wenn der Wohnraum von der Familie selbst genutzt werden soll oder dann, wenn ein Anspruch Dritter besteht.
Das Vorkaufsrecht
Ein weiterer zentraler Teil des Baulandmobilisierungsgesetzes ist das Vorkaufsrecht. Doch was hat es damit konkret auf sich, in welchen Fällen findet es Anwendung und was muss beachtet werden?
Definition und rechtliche Grundlagen
Das Vorkaufsrecht war bereits vor dem neuen Baulandmobilisierungsgesetz bekannt. Es bedeutet, dass im Fall des Verkaufs das Grundstück zuerst der Gemeinde angeboten werden muss. Durch das neue Baulandmobilisierungsgesetz wurde das Vorkaufsrecht der Gemeinde ausgeweitet. Die rechtlichen Grundlagen für die Erweiterungen befinden sich unter anderem in § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Zu den Gründen für eine Ausübung des Vorkaufsrechts gehört beispielsweise auch die Deckung des Wohnbedarfs in der Gemeinde. Hierbei wird das städtebauliche Entwicklungskonzept zu Grunde gelegt.
Die in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorgesehene Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts wurde von zwei auf drei Monate verlängert. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht rechtssicher ausüben kann.
Aus § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB geht hervor, dass nun auch Grundstücke mit einer geringfügigen Bebauung dem Vorkaufsrecht der Gemeinde unterfallen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Eigentümer von Grundstücken durch das Vorkaufsrecht der Gemeinde mit relativ kleinem Aufwand umgehen können.
Seit der Reform sind gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BauGB auch Gebiete vom Vorkaufsrecht betroffen, in denen bauliche oder städtebauliche Missstände vorliegen. Im Volksmund werden diese Grundstücke oder Gebäude als “Schrottimmobilien” bezeichnet.
Anwendungsfälle und Prozess
In der Praxis bedeuten die Änderungen am Vorkaufsrecht innerhalb des Baulandmobilisierungsgesetzes eine Erweiterung des allgemeinen Vorkaufsrechts der Gemeinden. Dazu gehört beispielsweise die Feststellung, dass ein Grundstück auch dann rechtlich als unbebaut gilt, wenn es zu vorläufigen Zwecken bebaut wurde.
Grundstücke, die verwahrlost sind oder ihr Umfeld aus anderen Gründen negativ beeinflussen, werden im Volksmund als Problemimmobilien oder Schrottimmobilien bezeichnet. Für sie gilt ebenfalls ein Vorkaufsrecht der jeweiligen Gemeinde.
Die Landesregierung legt per Verordnung fest, in welchen Regionen der Wohnungsmarkt angespannt ist. Berlin ist von dieser Verordnung vollständig betroffen. Dazu gehören neben den zentralen Bezirken auch die umliegenden Regionen. Wenn die Region als angespannter Wohnungsmarkt identifiziert wurde, dann besitzt die Gemeinde ein Vorkaufsrecht für bebaute oder brachliegende Grundstücke. Das Vorkaufsrecht wird durch die Satzung begründet.
Zu den zentralen Zielen des Vorkaufsrechts gehört, dass die Gemeinden bezahlbaren Wohnraum bauen und eine sozial gemischte Städtekultur ermöglichen. Das Vorkaufsrecht wird durch das Wohl der allgemeinen Bevölkerung begründet.
Fazit und Ausblick
Für Investoren und Gemeinden birgt das Baulandmobilisierungsgesetz sowohl Chancen als auch Risiken. Die Gemeinden haben nun die Möglichkeit, ihr Vorkaufsrecht noch leichter durchzusetzen und Wohnraum zu schaffen, der zu fairen Preisen vermietet werden kann. Grundstückseigentümer fühlen sich durch die rechtlichen Veränderungen eingeschränkt, weil sie ihre Grundstücke möglicherweise nicht an die Gemeinden verkaufen möchten. Selbst bereits abgesprochene Verkaufsgeschäfte können vom Vorkaufsrecht der Gemeinden durchkreuzt werden.
Die private Handlungsfreiheit der Wohneigentümer ist mitunter stark eingeschränkt, was in naher Zukunft mit großer Sicherheit zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gemeinden und den Eigentümern mit sich bringen wird. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob das Baulandmobilisierungsgesetz in Berlin und anderen deutschen Städten tatsächlich die zügige Aktivierung von Bauland mit sich bringen wird. Auch ist noch nicht sicher, ob die Maßnahmen tatsächlich zu bezahlbarem Wohnraum für Mieter führen werden oder ob nun vor allem die Verwaltungsgerichte und Rechtsanwälte Berlins ein neues Beschäftigungsfeld gefunden haben.