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Das Vorkaufsrecht in Berlin bei Immobilienveräußerungen in sozialen Erhaltungsgebieten

Inhaltsverzeichnis

Noch bis zum Ende des Jahres 2021 galt Berlin insgesamt als Vorreiter im Bereich der Wahrnehmung des kommunalen Vorkaufsrechts. Dies traf auf die Gebiete der deutschen Hauptstadt zu, die zu den sozialen Erhaltungsgebieten gehören. Doch dann schob das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig diesem Instrument einen Riegel vor. Das Urteil stammt von dem 9. November 2021 und bezog sich auf das Vorkaufsrecht, welches im Baugesetzbuch verankert ist.

Was ist das Vorkaufsrecht beim Immobilienverkauf?

Es gibt unterschiedliche Formen des Vorkaufsrechts. Grundsätzlich versteht man unter diesem Begriff das Recht einer Person oder einer Gemeinde, sich bei dem Verkauf einer Immobilie vor andere Interessenten zu drängen und diese um den Kauf der Immobilie zu bringen.

In § 463 BGB steht geschrieben, dass von diesem Vorkaufsrecht nur dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn der Verkäufer einen Kaufvertrag mit einem Käufer abgeschlossen hat. Dies bedeutet, dass die Person oder Gemeinde, die das Vorkaufsrecht besitzt, ein Veto einlegen kann, wenn Verkäufer und Käufer einen rechtskräftigen Kaufvertrag unterzeichnet haben. Der Käufer wird aus dem Kaufvertrag verdrängt und die Person mit dem Vorkaufsrecht nimmt diesen Platz ein. Dabei ist es ganz egal, ob es sich bei der Immobilie um eine Eigentumswohnung, ein Mehrfamilienhaus, ein Einfamilienhaus oder ein Grundstück handelt.

Wichtig ist jedoch, dass von dem Vorkaufsrecht nur dann Anspruch gemacht werden kann, wenn die Immobilie tatsächlich verkauft werden soll. Wenn es sich um eine Schenkung, eine Erbschaft oder gar eine Zwangsvollstreckung handelt, kann von dem Vorkaufsrecht kein Gebrauch gemacht werden.

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Was steht hinter dem öffentlich-rechtlichen Vorkaufsrecht in Berliner Milieuschutzgebieten?

Das Vorkaufsrecht, wie es in den Milieuschutzgebieten Berlins zum Tragen kommt, ist rechtlich in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB geregelt. Sobald ein Eigentümer in einem der Milieuschutzgebiete der deutschen Hauptstadt bekannt gibt, dass er seine Immobilie verkaufen möchte, können die Bezirke innerhalb von zwei Monaten von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Sie können die Immobilie entweder selbst kaufen oder einen Dritten hiermit beauftragen. In den meisten Fällen ist dies eine der sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften Berlins.

Dies kann umgangen werden, wenn der Käufer einer Immobilie eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnet. Dies verpflichtet den neuen Eigentümer dazu, alle Auflagen des Bezirks einzuhalten und die Immobilie beispielsweise keinen Modernisierungsmaßnahmen zu unterziehen, die vom Bezirk nicht vorgesehen sind.

Einzelheiten rund um den Milieuschutz in Berlin und die Straßen, die zu den sozialen Erhaltungsgebieten gehören, können Sie in unserem separaten Magazinbeitrag zu diesem Thema nachlesen.

Wie wurde das Vorkaufsrecht von den Berliner Bezirken angewendet?

Ziel des Milieuschutzes ist es, die soziale Zusammensetzung von Bezirken zu wahren und das Stadtbild aufrechtzuerhalten. Wenn eine Wohnung, ein Haus oder ein Grundstück verkauft werden sollen, dann prüft der Bezirk, ob das Gemeinwohl und die Ziele mit Hinsicht auf den Städtebau durch den Kaufvertrag gefährdet werden. Ist dies der Fall, so sieht der Bezirk es als notwendig an, sein Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen, um Gemeinwohl und städtebauliche Ziele zu schützen.

Selbstverständlich muss der Bezirk jeden Einzelfall überprüfen. Dies geschieht mit Hilfe einer Ortsbegehung. Eine städtebauliche Beurteilung wird vorgenommen, ebenso ein Verkehrswertgutachten und eine technische Begutachtung. Auf Basis dieser Prüfungen wird die Wirtschaftlichkeit eingeschätzt. Letzteres ist besonders wichtig, denn der Bezirk wird sein Vorkaufsrecht nicht für eine unrentable Immobilie ausüben.

Abwendungsvereinbarungen: Welche Folgen hatte das Vorkaufsrecht für Ersterwerber?

Im Vordergrund steht für den Bezirk eigentlich nicht, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Stattdessen soll durchgesetzt werden, den Käufer einer Immobilie zum Unterschreiben der Abwendungsvereinbarung zu animieren. Wenn der Käufer einer Immobilie sich dazu verpflichtet, die Erhaltungsziele des Bezirks umzusetzen, dann muss er auch die finanziellen Mittel aufweisen, um diese realisieren zu können. Kann dies sichergestellt werden, dann besteht für den Bezirk kein Grund, sein Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen.

Für Mieter einer Eigentumswohnung bietet dieses Vorkaufsrecht Sicherheit. Mit der Unterschrift der Abwendungsvereinbarung verpflichtet sich der neue Eigentümer dazu, keine mietsteigernden Modernisierungsarbeiten vornehmen zu lassen. Er kann die Wohnung auch über einen langen Zeitraum hinweg nicht verwandeln und beispielsweise zwei Wohnungen zusammenlegen.

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Wenn sich der neue Käufer nicht mit der Abwendungsvereinbarung einverstanden erklärt, dann muss der Bezirk von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, um die Einhaltung des Milieuschutzes zu sichern. Der Bezirk versucht dann, eine dritte Partei für den Kauf der Immobilie zu gewinnen. Mögliche Dritte sind beispielsweise Genossenschaften, Stiftungen oder Mietergemeinschaften. Besonders beliebt ist die Zusammenarbeit mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Auf diese Weise wird die Immobilie langfristig vor Spekulation geschützt und günstiger Wohnraum kann erhalten werden.

Auch die Wohnungsbaugesellschaften nehmen eine wirtschaftliche Prüfung vor. Schließlich müssen sie sicherstellen, dass die Kosten für den Kauf einer Immobilie durch die Mieteinnahmen gedeckt werden. Geschieht dies nicht, so wird der Wohnungsbestand des Landes Berlin auf lange Sicht gefährdet. Eine Schieflage der Wohnungsbaugesellschaften muss unter allen Umständen verhindert werden.

Wenn der Kaufpreis für die Wohnungsbaugesellschaft zu hoch ist, kann diese einen Landeszuschuss beantragen. Dies geschieht bei der Senatsverwaltung für Finanzen, der Zuschuss stammt aus Steuergeldern. Die Senatsverwaltung für Finanzen überprüft den Antrag nach einem standardisierten Kriterienkatalog. Hierbei wird darauf geachtet, dass der Kauf dieser Immobilie dazu führt, dass einkommensschwache Haushalte geschützt werden können. Der Kaufpreis darf keinen Spekulationen unterliegen und die Mietpreise sollten dem Durchschnitt des Gebiets gleichen. Insgesamt sollte außerdem sichergestellt werden, dass es sich um eine Immobilie handelt, welche die Erhaltungsziele unterstützt.

Wenn sich keine dritte Partei finden lässt, der Bezirk den Vorkauf aber trotzdem vorantreiben möchte, so muss er ihn aus der eigenen Bezirkskasse finanzieren.

Die Berliner Vorkaufspraxis in Zahlen von 2017 bis 2021

Insgesamt wurden im Zeitraum zwischen 2017 und 2021 über 800 Fälle des Vorkaufsrechts in Berlin geprüft. In 90 Fällen wurde nach einer detaillierten Prüfung tatsächlich das Vorkaufsrecht der Bezirke in Anspruch genommen. Es gab 376 Fälle, in denen sich die Käufer zu einer Unterschrift der Abwendungsvereinbarung bereiterklärten. In insgesamt 348 Fällen kam es zu einem Verkauf der Immobilie, obwohl der Käufer die Abwendungsvereinbarung nicht unterschrieb.

Was hat das Bundesverwaltungsgericht im November 2021 entschieden und was bedeutet das Urteil für die Berliner Vorkaufspraxis?

Bis vor kurzem gingen die Bezirke Berlins bei dem Verkauf einer Immobilie automatisch von einer Gefährdung der Erhaltungsziele aus, die im Mittelpunkt des Milieuschutzes stehen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im Jahr 2021 jedoch, dass nicht mehr länger von einer pauschalen Gefährdung ausgegangen werden darf. Es ist individuell zu prüfen, ob die Erfüllung der Ziele des Milieuschutzes tatsächlich gefährdet werden, was die Durchsetzung des Vorkaufsrechts für die Bezirke deutlich erschwert. Die Fallzahlen sind in der Praxis seit dem gefällten Urteil stark zurückgegangen.

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Wie geht es mit der Berliner Vorkaufspraxis in Milieuschutzgebieten nun weiter?

Die Berliner Landesregierung wird zurzeit von der SPD geführt. Sie möchte durchsetzen, dass eine Anpassung im Baugesetzbuch (BauGB) vorgenommen wird, sodass ein Vorkaufsrecht auch auf Bundesebene geschützt wird. Dadurch wären die Bezirke in Berlin und anderen Städten dazu berechtigt, ihr Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen, wenn Wohnraum in sozialen Erhaltungsgebieten verkauft werden soll. Die Grünen und die SPD unterstützen dieses Vorhaben auch auf Bundesebene. Die FDP hält sich jedoch im Hintergrund und äußert sich nicht zu dem Gesetzesentwurf.

Fazit

Das Vorkaufsrecht dient in Milieuschutzgebieten dazu, die Einhaltung der Erhaltungsziele zu sichern. Die betroffenen Bezirke versuchen, eine dritte Partei für den Kauf einer Immobilie zu motivieren, wenn sich ein Käufer weigert, die Abwendungsvereinbarung zu unterschreiben. Wenn keine Genossenschaft oder Stiftung für das Objekt begeistert werden kann, muss der Bezirk den Kaufpreis aus seiner eigenen Bezirkskasse aufbringen. Hierbei spielt eine wichtige Rolle, dass eine Immobilie rentabel ist und langfristig den Kaufpreis durch verlässliche Mieteinnahmen ausgleicht.

Bis vor kurzem entschieden sich die Bezirke pauschal dafür, ihr Vorkaufsrecht walten zu lassen, wenn sich Käufer von Immobilien dagegen entschieden, die Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2021 änderte sich dies jedoch. Die Objekte werden nun sehr viel individueller darauf untersucht, ob durch den Verkauf eine Gefährdung der Einhaltung der Milieuschutzziele besteht. Ist dies nicht der Fall, so steht dem Verkauf nichts mehr im Weg.

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