Im April 2021 wurde vom Bundesverfassungsgericht der Berliner Mietendeckel gekippt, da das Gesetz laut den Richtern und Richterinnen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In diesem Beitrag erfahren Sie was das Gesetz zum Mietendeckel beinhaltet, welche Auswirkungen es für Mieter und Vermieter hat und was die Konsequenzen der Abschaffung des Gesetzes jetzt vor allem für Mieter, aber auch Vermieter bedeutet.
Was ist der Mietendeckel?
Der Begriff „Mietendeckel“ wird umgangssprachlich für das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“ verwendet. Die amtliche Abkürzung lautet MietenWoG Bln. Ein Gesetz, das am 30. Januar 2020 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen wurde und am 23. Februar 2020 mit Rückwirkung zum 18. Juni 2019 in Kraft trat.
In insgesamt 11 Paragrafen wurde bestimmt, wie zum Beispiel die Mietobergrenzen im Raum Berlin konkret berechnet werden sollen, wie mit überhöhten Mieten umzugehen ist und wie ein Mietenstopp eingefordert wird. Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse wurden verteilt.
Das Gesetz des Mietendeckels wurde mit dem Ziel eingeführt, überzogene Mieten in der Hauptstadt zu verhindern und einen Anstieg der Mieten unzulässig zu machen. Der Mietendeckel wurde am 11. Februar 2020 angefertigt, trat am 23. Februar 2020 in Kraft und sollte bis zum 23. Februar 2025 gültig sein. Er wurde somit auf einen Zeitraum von 5 Jahren begrenzt.
Der Mietendeckel umfasste alle Wohnungen in Berlin, die vor 2014 zum ersten Mal bezogen worden waren. Ausnahmen, die vom Mietendeckel ausgeschlossen wurden, waren Wohnungen, die öffentlich gefördert wurden. Dazu gehören beispielsweise Trägerwohnungen, Wohnungen in Wohnheimen und Sozialwohnungen. Eine weitere Ausnahme stellen Wohnungen dar, die zwar vor 2014 erbaut worden waren, die nach aufwendigen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten jedoch als Neubau zu werten waren.
Betroffen waren vom Mietendeckel in Berlin schätzungsweise zwischen 340 und 512 Tausend Wohnungen. Mieterhöhungen, die zwischen dem 18. Juni 2019 und dem 23. Februar 2020 vorgenommen worden waren, mussten rückgängig gemacht werden. Mieten, die über den Mietobergrenzen lagen, mussten gesenkt werden.
Das Gesetz zum Mietendeckel: Inhalt & was änderte sich?
Das Gesetz befasste sich konkret mit der Höhe der Kaltmieten in Berlin, einschließlich der Zuschläge.
In § 3 wurde der Mietenstopp behandelt. Mieterhöhungen, die nach dem 18. Juni 2019 vorgenommen worden waren, mussten rückgängig gemacht werden. Dazu gehörten auch Mieterhöhungen, die bereits im Voraus vertraglich festgehalten worden waren. Dies war beispielsweise bei Staffelmieten der Fall. Die festgeschriebenen Höchstwerte sollten sich ab dem 1. Januar 2022 jährlich erhöhen. Rechengrundlage sollte die Inflationsrate sein, die jedes Jahr durch das Statistische Bundesamt festgestellt wird. Die Obergrenze sollte bei maximal 1,3 Prozent liegen. Gleichzeitig durften die in § 6 aufgeführten Mietobergrenzen aber nicht überschritten werden.
Die konkreten Mietobergrenzen wurden in § 6 in Form einer Mietentabelle ausgeführt. Einflussgrößen waren das Jahr der erstmaligen Bezugsfähigkeit der Wohnungen, sowie ihre Ausstattung. Aus diesen Faktoren ergaben sich Mietpreise zwischen 3,92 € und 9,80 € pro Quadratmeter.
wdt_ID | Nummer | Erstmalige Bezugsfertigkeit der Wohnung und Ausstattung | Mietpreis pro Quadratmeter |
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Quelle: MietenWoG Bln
Handelte es sich um ein Gebäude mit höchstens zwei Wohnungen, so erhöhte sich die Obergrenze des Mietpreises um 10 Prozent. Außerdem konnte 1 € mehr pro Quadratmeter als Mietpreis verlangt werden, wenn bestimmte moderne Ausstattungsmerkmale erfüllt wurden.
Neun Monate nach Einführung des Gesetzes und somit ab November 2020 sollten überhöhte Mieten einen aktiven Rechtsverstoß darstellen. Mit einem Bußgeld war zu rechnen. Eine Miete war offiziell überhöht, wenn sie 20 Prozent über dem Mietendeckel lag.
Mietendeckel Auswirkungen: Neue Vermieterpflichten
Unter § 3 Absatz 1 wurde festgehalten, dass Mieter jederzeit das Recht haben sollten, den Vermieter um eine schriftliche Auskunft über die Miethöhe bei der letzten Vermietung zu beten. Die Miethöhe konnte auch für einen bestimmten Stichtag angefragt werden und der Vermieter war dazu verpflichtet, die angefragte Auskunft zu geben. Im Falle einer Neuvermietung sollten die Vermieter den potenziellen Mietern vor dem Abschluss des Mietvertrags unaufgefordert diese Informationen zukommen zu lassen.
Bei bestehenden Mietverhältnissen sollten die Vermieter bis spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes und somit bis April 2020, die Mieter über die zulässige Höhe der Miete informieren. Dies hatte bei Neuvermietung vor dem Abschluss des Vertrags zu geschehen.
Verstöße des Gesetzes lagen beispielsweise vor, wenn der Vermieter seiner Informationspflicht nicht nachkam, Mieten nach der Einführung des Gesetzes erhöht wurden oder überhöhte Mieten nicht gesenkt wurden. Eine solche Ordnungswidrigkeit konnte mit Geldstrafen von bis zu 500 Tausend Euro einhergehen.
Warum wurde der Mietendeckel gekippt?
Das Bundesverfassungsgericht erklärte den Mietendeckel in seinem Beschluss vom 25. März 2021 für verfassungswidrig. Grundlage für diese Entscheidung war nicht die materielle Verfassungsmäßigkeit und somit die Frage, ob Mietendeckel gesetzlich überhaupt festgesetzt werden dürfen. Zu diesem Aspekt äußerte sich das Bundesverfassungsgericht nämlich nicht ausdrücklich. Eine formelle Verfassungsmäßigkeit war der Auslöser für den Beschluss, der das Gesetz zum Mietendeckel in Berlin außer Kraft setzte. Das Berliner Abgeordnetenhaus habe gar nicht die Kompetenz, einen solchen Mietendeckel einzuführen und das MietenWoG Bln zu verabschieden.
Der 2020 eingeführte Mietendeckel war somit verfassungswidrig. Die Richter des Verfassungsgerichts in Karlsruhe entschieden, dass die Zuständigkeit beim Bund und nicht beim Land Berlin lag. 2015 wurde die Mietpreisbremse gesetzlich festgehalten. Sie ist in § 556 d ff. im BGB definiert und ist die heute wichtigste Waffe im Kampf gegen überhöhte Mieten. Die Miete kann demnach von Mietern gesenkt werden, wenn sie sich mehr als 10 Prozent über dem ortsüblichen Mietpreis befindet.
Mietendeckel gekippt: Was müssen Vermieter und Mieter nun beachten?
Das Gesetz zum Mietendeckel in Berlin wurde im März 2021 für rechtswidrig erklärt und trat somit außer Kraft. Auf zukünftige Mietverträge hat es keinen Einfluss mehr. Darüber hinaus wird das Regelwerk auf den Ausgangspunkt vor der Verabschiedung des Gesetzes zurückgesetzt. Sind dem Vermieter in der Zeitspanne, in welcher der Mietendeckel rechtskräftig war, Mietverluste entstanden, besteht ein Anspruch auf Rückerstattung. Für neue Mietverträge ist die Gesetzesgrundlage der Mietpreisbremse aus § 556 d ff. BGB maßgebend.
Was die neuen Regelungen für Mieter und Vermieter konkret bedeuten, zeigen wir Ihnen im nächsten Abschnitt auf.
Konsequenzen für Vermieter
Für den Vermieter bringt die Abschaffung des Mietendeckels Vorteile mit sich. Diese ergeben sich zunächst einmal aus der Rechtsgrundlage für neue Mietverträge. Die Mietpreise können unter Berücksichtigung der Mietpreisbremse angepasst werden. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf die Rückerstattung der Mieteinnahmen, die durch den Mietendeckel entfallen sind.
Kam es zu Einbußen bei den Mieten, weil diese aufgrund des Mietendeckels gesenkt werden mussten, so können sich die Vermieter schriftlich bei den Mietern melden und die Nachzahlung der verpassten Mieten fordern. Höhe und Frist der Nachzahlungen müssen aus dem Schriftstück deutlich hervorgehen. Können die Mieter die Summe nicht sofort in voller Höhe bezahlen, können Ratenzahlungen mit den Vermietern vereinbart werden.
Mietendeckel: Was tun als Mieter?
Auch wenn Vermietern empfohlen wurde, die Nachzahlungen bei den Mietern schriftlich anzufordern, lag die Verantwortung bei dem Mieter. Ging dieser nicht dazu über, die Zahlungen selbst einzuleiten, riskierte er eine Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund von Mietrückständen.
Die Frist der Nachzahlungen betrug lediglich 14 Tage, zu zählen ab dem Tag der Kenntnis über den Beschluss. Dies war der 16. April 2021. Für den Mieter war es deshalb notwendig, sich schnellstmöglich an den Vermieter zu wenden und die Nachzahlung vorzunehmen oder eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Da das Versäumnis der Mietzahlungen nicht auf die Verantwortung der Mieter zurückfiel, sondern auf einem Gesetz beruhte, mussten die Mieter nicht mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Die war dann aber der Fall, wenn die Zahlung der Miete in Höhe von zwei Monatsmieten zuzüglich der Nebenkosten in Verzug geriet. Hierzu war jedoch notwendig, dass der Vermieter vorher zu einer Nachzahlung aufgefordert hatte. In den meisten Fällen wurde von den Vermietern Rücksicht genommen, da der Verzug der Mietzahlungen auf einer Änderung der Rechtsgrundlage beruhte.
Es mussten nicht alle Mieter Nachzahlungen vornehmen. Einige große Vermietungsunternehmen Berlins verzichteten darauf. Auf der sicheren Seite befanden sich Mieter, wenn sie über einen schriftlichen Bescheid des Verzichts auf Nachzahlungen seitens des Vermietungsunternehmens verfügten.
Fazit
Das Land Berlin wollte die Mieter durch die Einführung des Mietendeckels vor überhöhten Mietpreisen schützen. Dieser Versuch ist jedoch gescheitert. Mit Hilfe von Krediten werden Mieter nun bei den fälligen Nachzahlungen unterstützt.
Interessant ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel nicht inhaltlich, sondern in erster Linie formell für verfassungswidrig erklärte. Das Gericht betonte, dass die Ausgestaltung des BGB durchaus eine stärkere Begrenzung der Mietpreise ermöglichen könnte. Mit Hilfe gesetzlicher Vorschriften in Zukunft Kontrolle über die Miethöhe auszuüben, ist somit nicht ausgeschlossen.
FAQ
1. Gibt es in anderen Städten Mietendeckel?
In Deutschland gibt es zum heutigen Zeitpunkt (Stand 2021) in keiner anderen Stadt einen Mietendeckel. Die Höhe der Mieten wird durch die Mietpreisbremse begrenzt. Mietendeckel, die in der Vergangenheit beispielsweise in Lissabon oder New York eingeführt wurden, zeigten negative Auswirkungen auf den Investitionsgeist beider Städte. Vermieter und andere Investoren ließen deutlich weniger Geld in die Modernisierungsarbeiten fließen, was zu einem Verfall zahlreicher Gebäude führte.
2. Auf welche Mieten wirkte sich der Mietendeckel aus?
Grundsätzlich auf alle Mieten aus Mietverträgen, die vor Februar 2020 in Kraft traten. Ausnahmen bildeten lediglich Wohnungen mit einem Erstbezug nach dem 1. Januar 2014 und Wohnungen, die grundsaniert worden waren und deshalb wie ein Neubau bewertet wurden. Der Mietendeckel wirkte sich auch auf Indexmieten und Staffelmieten aus, sofern diese die Mietobergrenze überschritten.
3. Wurde die Miete bei laufenden Mietverträgen auch gesenkt?
Das neue Gesetz des Mietendeckels sollte innerhalb von neun Monaten vollständig Inkrafttreten. Befand sich ein Mietpreis nach November 2020 über der Mietobergrenze, so konnte er durch den Mieter mit Hilfe eines zivilrechtlichen Verfahrens auf das vorgegebene Niveau gesenkt werden.
4. Waren Mietobergrenzen flexibel?
Grundsätzlich waren die Mietobergrenzen in einer Tabelle konkret aufgeführt und einzuhalten. Jährlich hätten die Mietobergrenzen inflationsbedingt erhöht werden können. Allerdings maximal um 1,3 Prozent. Diese Möglichkeit wäre ab dem 1. Januar 2022 in Kraft getreten.
5. Mit welcher Strafe war beim Verstoß gegen die Mietobergrenze zu rechnen?
Das Ziel bestand darin, den Mietendeckel innerhalb der ersten neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes überall durchzusetzen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Vorschriften hätte ein Bußgeld in Höhe von maximal 500 Tausend Euro auf die Vermieter zukommen können. Ein Verstoß wäre beispielsweise gewesen, die Miete oberhalb der Mietobergrenze anzusetzen oder Mieter und potenzielle Mieter nicht über die Höhe der festgesetzten Mieten zu informieren.